Dieses Buch soll ein Streifzug sein durch die hannoversche Jazz-Szene der 40er- bis 60er-Jahre. Teilweise unveröffentlichte Fotos und Zeitdokumente finden Sie in Wort und Bild. Die Ära nach dem Zweiten Weltkrieg war Zeit des Aufbruchs und der Neuorientierung. Die vorliegende Sammlung soll an längst Vergessenes erinnern und eine Würdigung für diejenigen sein, die ihrem Jazz treu geblieben sind und ihm stets neue Impulse gegeben haben
Das bekannte Jazz-Buch, das zum 25-jährigen Jubiläum des Jazz-Clubs Hannover im April 1991 herausgegeben wurde und die Ausstellung zur Geschichte des Jazz in Hannover im Historischen Museum erfahren in Teilen eine Fortsetzung und Ergänzung mit diesem Buch. Es ist ein Versuch, die Jazz-Szene in und um Hannover und darüber hinaus, ausgehend von hannoverschen Musikern, noch näher zu beleuchten. Es sind im Kern die 50er-und 60er Jahre.
Die Dokumentationen “Hannover – ein Stück Jazzgeschichte” sollen einmal mehr die kulturelle Bedeutung des Jazz unserer Stadt hervorheben, die in der heutigen aktuellen Lage wohl unbestritten ist. Aber alles hat seinen Anfang. Jede gute Idee braucht auch Taten. Und zur Umsetzung bzw. Realisierung waren Menschen erforderlich, die mit viel Mut und wenig Geld, die Idee Jazz Wirklichkeit werden zu lassen.
Es gibt zurzeit keine Publikation mit dem Anspruch einer umfassenden Darstellung über das swing- und jazzhistorische Geschehen in und um Hannover des Zeitraumes ab Anfang der 1940er- bis Mitte der1960er Jahre.
Dokumente – Bild- und Textmaterial – Auszüge aus Beiträgen, Anmerkungen und viele Gespräche mit den Zeitzeugen und, die den Ausgangspunkt für die heutige Jazz-Szene markieren sind Inhalt dieses Buches. Es sind Impressionen, Momentaufnahmen aus jener Zeit und meine persönlichen Erinnerungen. Ich habe bewusst den Schwerpunkt auf sogenannte visuelle Blickfänge – Fotos, schriftliche Dokumente und Presseberichte – gelegt, da diese Zeitdokumente für sich sprechen.
Unter dem Titel „Jazz made in Hannover“ schrieb Michael Gehrke 1973 in der Zeitschrift „Hannoversches Leben“ über die vielfältigen Aktivitäten in der hannoverschen Jazz-Szene. Sein Artikel beschreibt den Standort Hannover als bedeutende Schallplattenproduktion durch die Deutsche Grammophon, u.a. für den Jazz mit dem Schallplatten-Label „Brunswick“ bis hin zu den vielen Musikern, ob Amateure oder Profis, die nach dem Kriege und bis vor 1973 in Hannover auftraten.
Hier einige Auszüge, die die von mir ausgewählte Zeitspanne berühren:
„Auch die in Hannover ansässigen oder gewesenen Jazzkapellen wie die Georgia Street Jazzband , Happy Jazz & Co, die Funny Old House Jazz-Band, das Hans Woltersdorf Quartett, das Otto Wolters-Trio oder die Swingtown Jazzmen und die vorher wohl bekanntesten Gruppen, die jetzt leider nicht mehr existieren, wie Johnny’s New Orleans Jazzband, das Hot Pepper Jazz Orchestra ( eine Band mit dem gleichlautenden Namen – Hot Pepper Orchestra – gibt es heute noch ), das New Jazz Trio, die High School Hot Seven oder die Klaus Seidensticker Combo haben zum guten Ruf Hannovers als Jazzstadt beigetragen.
Im Jahre 1955 gab es einen kleinen Höhepunkt in der Geschichte der Jazzplatte und des Jazz in Hannover. Zum ersten Mal wurden deutsche Jazzmusiker mit Amerikanern auf eine Platte gepresst. Der Zufall wollte es, dass es sich ausgerechnet um die Club Combo des Hot Club Hannover handelte, nämlich der New Jazz Group Hannover. So hatte damals schon in gewisser Weise Hannover in Bezug auf den Jazz im Allgemeinen und dem deutschen Jazz im besonderen Anteil und Einfluss, wie dies direkt keine andere Stadt in der Bundesrepublik aufzuweisen hatte.
Aber nicht nur auf der Schallplatte hatte sich Hannover seinerzeit schon einen Namen im Jazz gemacht, sondern die ersten Jazzbands, wie eben die schon genannte New Jazz Group Hannover oder das Starlight Swingtet, haben Anfang der 50er Jahre in der Aula der Hochschule für Musik und Theater Jazzkonzerte gegeben und spielten bald auch in anderen Städten. Die New Jazz Group Hannover zählte bald zu Deutschlands führender Jazz-Combo. Eine bekannte hannoversche Konzertdirektion begann zu gleicher Zeit, berühmte amerikanische Musiker nach Hannover in die großen Konzertsäle zu holen, und bald gaben sich Hannover auch Jazzbands aus anderen Städten ein Stelldichein“.
Eigene Erlebnisse
Ich erlebte die Jazz-Szene in der Zeit der Jahre 1950 bis 1965 als Musiker, als Schlagzeuger in verschiedenen Bands. Die Anregungen zu dieser Zusammenstellung kamen u. a. durch die Broschüre aus Anlass des 25-jährigen Jubiläums des Jazz-Club Hannover 1991, durch die Ausstellung zur Geschichte des Jazz in Hannover im Historischen Museum 1995 und vor allem durch ein vom Verfasser organisiertem Treffen am 10. April 1997 mit Musikern aus der damaligen Jazz-Szene. Die vielen Gespräche signalisierten in ihrer Gesamtheit Bereitschaft Material für eine Jazz-Dokumentation zu liefern, zumal bekannt war, dass eine umfassende Dokumentation des damaligen Hot-Club Hannover nicht existierte.
Ära des Aufbruchs
Die Zeit zum Ende der 40er und Anfang der 50er Jahre war eine Ära des Aufbruchs und der persönlichen Orientierung. Für mich stand damals im Vordergrund, Jazz zu erleben und selber spielen zu können.
Das Metronome-Jazz-Yearbook, Jazz Podium und Gondel, gaben mir neben den vielen Schallplatten und Tonbandaufzeichnungen, einen überwältigenden Eindruck von der amerikanischen Jazz-Szene der 1950er Jahre.
Es folgte die elementare Ausbildung bei einem studierten Musiker mit dem Ziel, neben der erforderlichen Technik auch Arrangements vom Blatt spielen zu können. Die eigenen Erlebnisse in der Jazz-Szene der 50er- und 60er Jahre, als Schlagzeuger in mehreren Combos und Big-Bands gaben neben den o.a. und für mich wichtigen Dingen hinreichend Grund ein Buch zu verfassen.
Neben den damals bereits bekannten Amateur-Jazzbands, den Berufs-Musikern, den großen internationalen Jazzbands, die in Hannover auftraten, darf der sehr rührige hot club hannover bei der aktiven Gestaltung der Jazz-Szene in und um Hannover sowie weit darüber hinaus nicht vergessen werden. Nicht zu vergessen der Gründungs-Initiator Walter Kwiecinski.
Die sehr spärlichen Schriftmaterialien des hch und mein eigenes bescheidenes Archiv aus der damaligen Musikerszene bildeten für mich sozusagen einen dürftigen „Roten Faden“ als Grundlage für meine Recherche. Von daher sind in dieser Dokumentation alte Unterlagen des hch, z. B. Mitteilungen an die Clubmitglieder, Programmzettel, gesammelte Pressenotizen etc. mit-aufgenommen worden.
Der hch wurde von den Jazzfans der 40er Jahre und Gründungsmitgliedern des Swingclubs ins Leben gerufen. 1941, (oder war es erst 1942?) also noch während der schlimmen Kriegsjahre entstand so im „Untergrund“ die erste sogenannte „Jazzorganisation“ durch die Initiative des jazzbegeisterten Walter Kwiecinski. Jazz spielen war zur damaligen Zeit ein schwerwiegendes Delikt, das auch strafrechtliche Konsequenzen zur Folge haben konnte. Es kam die Idee einen Club zu gründen. Ein entsprechender Stempel anno 1941 ziert noch heute einige der alten Plattenhüllen. Man nannte sich fortan „Deutscher Swing-Club Hannover“, allerdings hinter verschlossenen Türen und Fenstern konnte man nur seine geliebte Jazzmusik hören. 1943 war dann vorerst Schluss. Es tobte der totale Krieg.
Doch schon in 1946 wurde der „Deutsche Hot Club Hannover“ gegründet und 1947 unter der Nummer 137 von der Britischen Militärregierung beim Städtischen Kulturamt registriert. Die Unterschrift leistete der damalige 1. Vorsitzende Walter Kwiecinski, 1947, June 23rd. Die Eintragung in das Vereinsregister beim Amtsgericht in Hannover erfolgte erst 1956.
Das vorliegende Jazz-Buch, das zum 25-jährigen Jubiläum des Jazz-Clubs Hannover im April 1991 herausgegeben wurde und die Ausstellung zur Geschichte des Jazz in Hannover im Historischen Museum erfahren in Teilen eine Fortsetzung und Ergänzung mit diesem Buch. Es ist ein Versuch, die Jazz-Szene in und um Hannover und darüber hinaus, ausgehend von hannoverschen Musikern, noch näher zu beleuchten. Es sind im Kern die 1950er- und 1960er Jahre.
Der Verdienst von Dr. Schulz-Köhn für den Jazz in unserer Stadt ist unbestritten. Seine Liebe zur Musik, insbesondere zum Jazz machte ihn zum Mentor und Motor für den hannoverschen hot club. Seine beruflichen Erfahrungen, seine publizistische Arbeit auf dem Gebiet des Jazz und seine Tätigkeit bei der „Telefunken-Platte“, bei der Grammophon-Gesellschaft sowie am Rundfunk ermöglichten ihm den Jazz in überzeugender Weise einen nicht unbedeutenden Platz in der Kultur-Szene Hannovers zu verschaffen. Und das vor dem Hintergrund einer noch schwierigen Zeit im Nachkriegsdeutschland.